Donnerstag, 11. Oktober 2012

Generalprobe in Wall

Und weiter ging die wilde Fahrt.

Nach dem ersten Kurstermin am Mittwoch, dem zweiten am Freitag und der ersten (und bislang einzigen) Trainerstunde am Samstag, ging es am Sonntag mit meinem Kollegen nach Wall.

Wir waren ja einige Wochen zuvor schon mal dort gewesen um den Family - Platz zu bespielen. Diesmal wollte ich das aber gezielt mit dem Wissen tun, dass es sich dabei um mein Prüfungsterrain handeln würde. Beim ersten Mal hatte ich vor allem große Probleme bei den beiden - relativ kurzen - PAR 4 - Löchern. Dieser Angst wollte ich nach meinen Übungseinheiten nun entgegen wirken, indem ich versuchte, mit einem maximalen Eisen 7 nicht auf Länge, sondern auf Richtung zu spielen und mir damit zu beweisen, dass ich es auch dort schaffen konnte, zu punkten.

Vorab ging es natürlich kurz auf die Driving Range. Danach begaben wir uns zum ersten Abschlag des Family - Platzes. Dort stand bereits ein junges, ebenso dynamisch wie sympathisch wirkendes Paar, dessen Alter ich auf etwa Anfang 30 schätzte, und wartete darauf, dass das vor ihnen gestartete, deutlich angejahrtere Pärchen, mit dem Einlochen fertig würde und das nur etwa 80 Meter weit entfernte Grüne in Richtung des zweiten Abschlags verließ.

Die beiden sahen mich und meinen sehr viel sportlicheren Kollegen kommen und sprachen uns sogleich an, ob sie uns nicht vorlassen sollten, da wir bestimmt viel besser seien als sie. Zwar spiele er schon eine ganze Weile und auch schon ganz ordentlich Golf, sie habe allerdings erst 4 Wochen zuvor ihre Platzreife gemacht, übrigens zufällig ebenfalls bei Golfer´s Friend. Wir lehnten dankend ab mit dem Hinweis, mit Sicherheit noch viel schlechter als diese Beiden zu spielen, da ich meine Platzreife nicht nur keine 4 Wochen, sondern überhaupt noch nicht hatte, da meine Prüfung erst 5 Tage später bevorstand.

Wir hatten sofort einen Draht zueinander, tauschten noch ein paar Nettigkeiten und Scherze aus und schnell entstand die Idee, die bevorstehende Runde doch einfach gemeinsam, als 4er Flight zu spielen. Jetzt hatte ich mal wieder Bammel. So ein nettes Pärchen, vielleicht meine ersten künftigen Clubkameraden, die ich kennenlernte und ich würde mich gleich zu Beginn mal so richtig blamieren...

Es kam jedoch anders.

Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht sicher war, ob die Trainerstunde des Tages zuvor auf mein Spiel auch nur den geringsten positiven Effekt gehabt hatte, schließlich hatte ich mich nach meinen eigenen Maßstäben bei einigen Übungen wieder extrem dusselig angestellt, begann ich gleich beim ersten Abschlag, unbewusst Dinge umzusetzen, die mir Ronny am Vortag erklärt hatte. Ich atmete durch, konzentrierte mich ausschließlich auf den vor mir liegenden Schwung. Das nette Pärchen und mein Kollege verhielten sich extrem rücksichtsvoll und waren während meiner Konzentrationsphase totenstill. Das kann man durchaus nicht immer von seinen Spielpartnern erwarten, obwohl es fest zur Etiquette gehört, wie ich 6 Tage später noch feststellen sollte. Doch dazu mehr an einem anderen Tag.

Ich konzentrierte mich also ausschließlich darauf, mein Gewicht auf dem linken Fuß zu belassen und den Blick fest auf dem Ball zu behalten, bis der Schwung beendet war. Dann darauf, den Schläger locker mit der linken Hand nach hinten zu führen und ebenso locker auf demselben Weg zurück, wobei diesmal die rechte Hand führte.

Keine Ahnung, wie ich das anstellte aber mit einem hellen "Klack" ging der Schlägerkopf butterweich durch den Ball, der sich kerzengrade in Richtung Fahne hob. Das rechts befindliche, seitliche Wasserhindernis ließ er locker rechts liegen, überquerte den vor dem Grün liegenden, relativ kleinen Bunker, kam direkt dahinter auf und sprang von dort aufs Grün, wo er in etwa 2 Metern Entfernung zum Lock liegen blieb.

Leider reichen meine rethorischen Fähigkeiten nicht im Ansatz aus, um zu beschreiben, was für ein wunderbares, erhebenes, triumphales Gefühl dieser gelungene erste Schlag mit sich brachte. Ich hätte laut losjubeln können. Direkt danach folgte, Kümmerling, der ich nun einmal bin, der Gedanke "Verdammt, jetzt denken die Alle ich kann das, jetzt kann es nur noch schlechter werden". Gleichzeitig erinnerte ich jedoch die paar wenigen Dingen, auf die ich mich vor dem Schwung konzentriert hatte und nahm mir vor, bei diesem Schema zu bleiben. Linker Fuß, Blick auf den Ball und unten lassen, mit links locker nach hinten schwingen, dann mit rechts wieder locker nach vorn! Im Verlaufe der 5 Löcher des Family - Platzes fing ich an, mir dieses Mantra vor jedem Schwung lautlos, manchmal sogar vor mich hingeflüstert, aufzusagen.

Was soll ich sagen? Es funktionierte! Ich spielte die beste Runde, die ich bis dahin gespielt hatte. Zwar stellte ich mich beim Putten insgesamt noch ziemlich dämlich an, jedoch schlug ich wie ein Uhrwerk, verlässlich und gleichmäßig an jedem Loch ab und auch meine Annäherungsschläge gingen fast alle in die richtige Richtung und hatten teilweise sogar eine gute Länge. Beim ersten PAR 4 lag ich bereits mit dem 4. Schlag auf dem Vorgrün, noch etwa 10 bis 12 Meter vom deutlich höher gelegenen Loch entfernt. Noch mal zur Erinnerung: Als Anfänger mit einem theoretischen Handicap von -54 habe ich 3 Schläge über PAR pro Loch, um in der Nettowertung meine 2 Punkte zu machen, die ich Schnitt bei einem vorgabewirksamen Turnier bräuchte, um mein Handicap zu bestätigen. Mit jedem Punkt mehr - also jedem Schlag weniger - würde ich mein Handicap senken. Auf diesem PAR 4 hätte ich für 2 Punkte also 7 Schläge brauchen dürfen. Und nun lag ich bereits nach dem 4. Schlag so gut und hatte noch 3 Schläge, um den Ball ins Loch zu bringen und dabei noch immer auf einem PAR 4 voll zu punkten. Ich war etwas nervös, beschloss jedoch trotzdem, schon vom Vorgrün den Putter zu nehmen und den Ball auf diesem Wege so nahe wie möglich ans Loch zu legen, um ihn dann mit maximal zwei Putts auf dem Grün verlässlich versenken zu können. Ich versuchte also das Grün zu "lesen" als einzuschätzen, welche Abweichung vom direkten Weg zu Loch ich anpeilen musste, um Steigung und Break auszugleichen, visierte also das Loch entsprechend an, konzentrierte mich erneut und sagte mir vor, den Blick auch hier unten zu behalten, bis der Schwung beendet war. Mit dem wunderbaren Geräusch, dass ein Golfball macht, der genau richtig getroffen wird, fraß der Ball sich durchs Vorgrün, erklomm die Steigung auf dem Grün, folgte dem leichten Break nach rechts und rollte direkt ins Loch...

Ein wilder Freudenschrei entrang sich meiner Kehle, während meine 3 Spielpartner sich aufrichtig für mich freuten, mit mir jubelten und mich einzeln beglückwünschten. Das war mein bislang vielleicht schönster Moment im Golfspiel. Ich hatte mein Angstloch, das PAR 4 nicht nur überwunden, ich hatte einen waschechten Bogey gespielt und hätte, wäre an diesem Tage gezählt worden, allein hier 4 der in der Prüfung notwendigen 6 Punkte auf den 5 Löchern gemacht.

Interessanter Weise gelang es mir, trotz der Aussicht auf eine wirklich gute Runde, meine Konzentration auch bei den verbleibenden zwei Löchern hoch zu halten und jeweils zu punkten, so dass ich am Ende der Runde in der Nettowertung bei 13 Punkten lag. Lächerlich vielleicht für jemanden, der Golf spielen kann, für mich als Anfänger ein wahrer Triumph. Das Schönste aber war, dass meine 3 Partner sich so aufrichtig mit mir freuten und dass wir uns so hervorragend auf der Runde verstanden und viel zu lachen hatten. Nach der Runde setzten wir uns zu einem zwischenzeitlichen Kaltgetränk auf die Terasse des Clubhauses, freuten uns gemeinsam über unsere schöne Runde und unseren spontanen Entschluss, zusammen zu spielen und erzählten ein wenig von uns. Ich sonnte mich in der "Bewunderung" meiner Mitspielerin für meine gleichmäßigen, sicheren Schwünge und versicherte immer wieder, dies sei mir zum ersten Mal in dieser Weise gelungen.

Wenn ich einen Moment meines Lebens wählen müsste, der sich endlos wiederholte und wenn ich dabei konsequent jeden Gedanken an die naheliegenden, wunderbaren Momente wie Hochzeit, Geburt der Kinder, grenzenlos großartiger Sex, etc. pp. ausblendete, dann wäre es dieser Tag, dieses Spiel mit diesen drei netten Menschen, die Freude, die anschließende, fröhlich - sorglose Unterhaltung auf der Terasse...

Plötzlich eine raue, fröhliche Stimme vom Nebentisch: "Na Stefan, wie lief es, Alter?". Als ich hochsah, fand ich meinen Pro Ronny am Nebentisch, sitzend inmitten einer Gruppe seiner Schüler, mit denen er an diesem Tag dort die Platzreife - Prüfung gemacht hatte. Alle hatten bestanden, entsprechend ausgelassen war die Stimmung. Stolz zeigte ich Ronny meine Score Card. Trocken antwortete er: "Na dann können wir nächsten Freitag ja entspannt ein Bierchen trinken und die anderen ackern lassen!" Allmählich stellte sich Zuversicht bei mir ein, dass das mit der Prüfung glatt klappen könnte.

Anschließend spielten wir mit dem netten Pärchen gleich noch eine Runde auf dem Family - Platz. Diesmal spielte ich nicht mehr ganz so sauber, Müdigkeit machte sich allmählich bemerkbar. Ich brachte es aber immer noch auf 12 Punkte und war hochzufrieden. Zum Abschluss gönnten wir uns ein weiteres, gemeinsames Getränk auf der Terasse und tauschten bei dieser Gelegenheit unsere Kontaktdaten aus, in der festen Absicht, uns bald für eine weitere, gemeinsame Runde zu verabreden.

Auf dieses Spiel freue ich mich schon heute und angesichts meiner aktuellen Schmerzfreiheit steigt die Chance, es tatsächlich noch vor dem Winter zu schaffen.

2 Kommentare:

  1. Glückwunsch.
    Deine Freude springt dem geneigten Leser entgegen. Gewissermaßen an.

    Ein „Fehler“ übrigens, den viele, und leider muss ich mir auch an die eigene Nase fassen, machen, liegt darin, sich das Hirn zu zermartern, ob die feine Leistung zu wiederholen ist, statt die Freude, den schönen und erfolgreichen Moment auszukosten.

    Ist für Dich im Winter bei Schnee Indoor-Golf eine Alternative oder dürfen wir uns während dieser Zeit auf die Berichte vom Handarbeits- oder Töpferkurs freuen?

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  2. Lieber Wilson,

    danke für deine erneut freundlichen Worte. Das Problem, den Blick allzu oft auf mögliche, künftige Schwierigkeiten, statt auf bereits erzielte Erfolge zu richten, kenne ich in der Tat bestens. Ich arbeite aber auch in dieser Beziehung - wie in so vielen anderen - stetig an mir.

    Was den Winter angeht, mit Töpferkursen drohe ich an dieser Stelle lieber nicht, einen Topflappen habe ich aber in der vierten Klasse schon mal gehäkelt... Wenn der Winter nicht allzu streng und vor allem nicht zu schneereich wird, kann Golf durchaus auch außerhalb der Saison weiter betrieben werden. Mein Club in Wall hat jedenfalls grundsätzlich Ganzjahresbetrieb. Man muss dann nur auf die frühe Dämmerung und auf evtl., kurzfristige Schließungen wegen Unbespielbarkeit des Platzes gefasst sein...

    Da fällt mir ein, ich brauche noch Thermo - Golfhosen... :-)

    Beste Grüße und danke fürs Lesen

    Treat/Stefan

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