Dienstag, 23. Oktober 2012

Der Kurs - Die Prüfung

Am 14.09.2012 kam der große Tag, unsere Platzreife - Prüfung in Wall.

Es war ein Freitag und ich hatte kurzfristig einen freien Tag bekommen, Überstunden sind ja stets ausreichend vorhanden...

Mein Schwager und ich fuhren daher gemeinsam bereits am Vormittag los, da unser Pro Ronny uns gesagt hatte, dass wir so früh wie möglich, spätestens jedoch gegen 13 Uhr vor Ort sein sollten, da er noch einen Nachmittagstermin habe. Eigentlich auch ein Ding, dass der Prüfer die Prüfung spontan vom Nach- auf den Vormittag verlegen kann und alle Teilnehmer müssen dann sehen, wie sie es schaffen. Aber was tut mal nicht alles für eine Platzreife für 99.- €...

Wir kamen gegen 11.15 Uhr in Wall an, wenn ich es richtig erinnere und fanden Ronny sogleich am Abschlag des ersten Lochs des Family Platzes vor. Er saß in einem Golf Cart, diese lustigen kleinen Elektro - Autos, wie sie in jedem Golfclub zu finden sind und wie mein Kollege und ich uns einst eines in Wilkendorf geleistet hatten. Selbiges würde er an dem Tag noch brauchen, wenn er ständig zwsichen den diversen Flights an den verschiedenen Stellen des ganzen Platzes hin und her fahren und den korrekten Ablauf der Prüfung sicherstellen, bzw. hier und da Hilfestellung geben wollte.

An dieser Stelle übrigens mal eine kleine Nebenbemerkung zum Thema Vertrauen: Im Golfsport geht man offenbar noch davon aus, dass man es mit einigermaßen kultivierten Menschen zu tun hat, denen man ein gewisses Grundvertrauen entgegen bringen kann. So verschickt z. B. der Golf - Onlineversand www.golfhouse.de bereits ab der ersten Bestellung Waren auf Rechnung, während viele andere dies beim ersten Mal nur gegen Vorkasse oder Nachnahme tun. Scheinbar geht man davon aus, dass Golfer - auch in Zeiten, in denen eine klare Entwicklung zum Breitensport erkennbar ist - ihre Rechnungen noch bezahlen (können). Ebenso vertraut man im Golfclub darauf, dass man sein Bag quasi überall unbeaufsichtigt stehen lassen kann, weil in Golfclubs eben nicht geklaut wird. Natürlich beinhaltet dies ein gewisses Risiko, weil es immer Menschen geben wird, die solche Gutgläubigkeit schäbig zu ihrem Vorteil ausnutzen aber ich kann kaum beschreiben, wie wohltuend für mich eine solche Grundhaltung, nämlich ein prinzipielles Vertrauen in die Mitmenschen zu setzen, sich abhebt vom üblichen Menschenbild in unserer zynischen Welt. Und so war es eben auch - um den Bogen zum ursprünglichen Thema zurück zu schlagen - Vertrauen, dass dazu führte, dass nicht jeder Prüfling einzeln während jedes Schlages überwacht wurde, sondern der Pro lediglich mal vorbeischaute und sich überzeugte, dass alles lief. Man vertraute auf die Ehrlichkeit der Prüflinge beim Ablegen der Prüfung und auf die gegenseitige Kontrolle innerhalb der Flights. Und ich darf sagen, man vertraute darauf zu Recht. Soweit ich es erlebt habe, hat sich niemand auch nur einen einzigen Schlag "weggeschummelt".

Golfer betrügen einfach nicht, das ist "The Spirit Of The Game". Einst bewegte der größte Golfamateur aller Zeiten, Mr. Bobby Jones, bei einem Turnier gegen seinen größten Widersacher, den damals erfolgreichsten Golfprofi Walter Hagen, seinen Ball. Niemand außer ihm sah es. Er fluchte kurz und meldete dann den zusätzlichen Schlag der durch die Bewegung des Balles gezählt werden musste. Alle sahen sich erstaunt an, denn niemand hatte die Bewegung des Balles bemerkt. Nach Rücksprache mit dem Gegner fragte der Obmann Bobby, ob er sicher sei, dass er den Ball bewegt habe, weil niemand es gesehen habe. Bobby Jones antwortete nur: "Absolut sicher." Daraufhin wurde der Schlag gezählt. Der Obmann sagte darauf voller Bewunderung zu Bobby: "Man sollte ihnen gratulieren, Sir". Bobbys Antwort lautete: "Sir, das wäre als gratulierten sei einem Mann zu einem nicht verübten Banküberfall. Ich wüsste nicht, wie ich Golf auf andere Weise spielen sollte." So überliefert es der auf wahren Begebenheiten beruhende Film "Bobby Jones", den ich jedem nur ans Herz legen kann. Ob es sich tatsächlich genau so zugetragen hat, weiß ich natürlich nicht aber ich mag das, wofür diese Szene steht und ich bekomme jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich sie sehe...

Als erstes drückte er jedem zwei Token für die Ballmaschine der Driving Range in die Hand und schickte uns zum Bälle holen und anschließenden Einschlagen auf die Rasenplätze. Wir taten wie uns geheißen. Während wir uns mühten, trotz Aufregung ein gewisses Gefühl für den Schwung an jenem Tag zu entwickeln, kam Ronny mit seinem Auto vorbei, sah uns ein wenig zu und gab noch den einen oder anderen Tipp. Außerdem versorgte er meinen Schwager mit Tees (das sind die kleinen "Piekser" auf die man den Ball beim Abschlag legen darf) und Bällen, es war in beeindruckender Weise für alles gesorgt.

Nach dem Einschlagen ging es um kurz vor High Noon an den ersten Abschlag. 6 Nettopunkte aus 5 Löchern lautete die Vorgabe zum Bestehen der Prüfung. Mein Schwager und ich starteten in einem Zweier - Flight. Ich erinnerte mich an den wunderbaren ersten Ball, der mir vor einer Woche bei meiner "Generalprobe" direkt hier gelungen war als der Ball mit dem ersten Schlag schnurgerade über den Bunker ging und auf dem Grün landete. Mein Plan war, dadurch Selbstvertrauen zu tanken, da ich mir ja schon bewiesen hatte, dass ich es konnte. Der Plan schlug fehl. Ich wurde umso nervöser, weil ich sofort Angst bekam, ich könnte meinen besten Schlag bereits letzte Woche gezeigt haben und heute daher nur noch versagen. Gedacht, getan. Mein Abschlag war kaum als solcher zu bezeichnen. Irgendwie traf ich den Ball, er flog einige Meter nach Rechts und ein paar Meter geradeaus und blieb schließlich ziemlich unmittelbar vor dem seitlichen Wasserhindernis  liegen. Soweit so gut, der Ball war spielbar und auf der kurzen Bahn nur noch so weit von der Fahne entfernt, dass ein Chip aufs Grün von dort kein Problem darstellen sollte. Bei dem Versuch "toppte" ich den Ball extrem, dass heißt, ich traf ihn lediglich ganz oben, so dass er etwa 5 Meter weit, direkt in das vor mir liegende, seitliche Wasserhindernis hoppelte. An der ansteigenden Böschung aus dem Hindernis blieb er liegen.

An dieser Stelle hätte ich zum ersten Mal mein Bag hinterher werfen und meine großartige Golfkarriere an den Nagel hängen wollen. Unser Pro Ronny war auf diesem Loch natürlich bei uns und ich schämte mich vor ihm unendlich ob meiner ersten beiden, unwürdigen Schläge. Schließlich hatte Ronny zuvor schon während des Kurses mehrfach signalisiert, dass er großes Vertrauen in die Fähigkeiten meines Schwagers und meiner Wenigkeit setzte, andernfalls hätte er uns wohl kaum überredet, uns sofort für den nächsten Tag zu unserem ersten Beginner - Cup anzumelden, ehe wir überhaupt unsere Platzreife - Prüfung bestanden hatten... Ronny blieb natürlich total cool, weil ich vermutlich nicht der erste Schüler war, der vor seinen Augen zu Beginn der Prüfung so aufgeregt war, dass er die ersten Schläge gnadenlos versemmelte.

Ich stellte mich also an die Böschung und visierte den Ball an. Einen Ball hangaufwärts kontrolliert zu schagen, ist nicht einfach aber immerhin viel leichter als aus ein Lage hangabwärts, ich hatte also noch Glück im Unglück gehabt. Wie schon so oft in meinen bisherigen paar Spielen, stellte sich auch dort heraus, dass meine "Rettungsschläge" oftmals viel besser funktionieren als die einfachen. Der Ball flog, nachdem ich ihn mit meinem Sand Wedge wunderbar von der Böschung gekratzt hatte in einem perfekten, hohen Bogen in Richtung Fahne und landete in absolut puttbarer Entfernung vom Loch auf dem Grün. Ich war mit dem Schicksal versöhnt. Wieder einmal eine Situation die mir bewies, wie sehr ein einzelner guter Schlag im Golf einen glücklich machen kann, völlig unabhängig davon, wie bescheiden man sonst spielt.

Natürlich setzte ich meinen ersten Putt - Versuch daneben aber der zweite saß. Ich hatte das erste PAR 3 mit 5 Schlägen absolviert, was 3 Netto - Punkten entsprach. Die halbe Miete nach dem ersten von 5 Löchern. Nun kehrte eine gewisse Gelassenheit ein, da selbst mir klar war, dass ich das eigentlich nicht mehr versauen konnte. Mein nächster Abschlag am zweiten Loch war dementsprechend euphorisch - und scheiterte natürlich erneut grandios. Euphorie ist nämlich vor einem Schlag ebenso fehl am Platze, wie die meisten anderen Emotionen. Ruhe und Gelassenheit sind die Stimmungen, auf die es ankommt. Mein Ball flog wieder weit nach rechs und passierte mit Ach und Krach den Damen - Abschlag, der etwa 20 Meter vor dem Herren - Abschlag lag. Zum Glück wenigstens keine "Lady", so nennt man Bälle, die noch vor dem Damen - Abschlag zum Liegen kommen - und die kosten jedes Mal eine Runde für das Flight. Gut, dass wir nur zu zweit waren...
Mein zweiter Schlag funktionierte dafür richtig gut und ich lag bereits kurz vor dem Grün. Mit einem Chip beim dritten Schlag gelangte der Ball problemlos in die Putting - Zone. Natürlich brauchte ich mal wieder 3 Putts, dennoch war der Ball mit dem 6ten Schlag eingelocht. Das bedeutete erneute 3 Punkte nach dem zweiten Loch, die Prüfung war bereits jetzt bestanden. Der Rest war purer Spaß. Nach dem dritten Loch hatte auch mein Schwager offiziell bestanden und wir amüsierten uns prächtig. Am Ende standen bei meinem Schwager anstelle der notwendigen 6 Punkte, wenn ich mich richtig erinnere (Bitte korrigiere mich ggf., falls ich mich irre, lieber Schwager) 12 Punkte zu Buche und bei mir waren es sogar dasselbe Ergebnis, wie eine Woche zuvor: 13 Punkte. Die Platzreife war unser - und das so richtig souverän, trotz des bescheidenen Anfangs. Es ist eben erst vorbei, wenn es vorbei ist...

Danach saßen wir noch entspannt mit Ronny und ein paar anderen Prüflingen unserer Gruppe auf der Terasse tranken zur Feier des Tages Hefeweizen (Ronny), Cola light (mein widerlich schlanker Schwager) und Radler (icke) und freuten uns über den schönen Erfolg. Ronny erläuterte uns noch eben die Vorteile einer Green - Fee - Jahresmitgliedschaft bei Golf in Wall und alle Anwesenden entschlossen sich spontan, beizutreten. Für den Jahresrest von 3,5 Monaten berechnete man uns nur günstige 50.- Euronen dafür, dass wir nun ein Heimatclub hatten und unser Handicap offiziell geführt wurde. Außerdem haben Greenfee - Mitglieder für 200.- € pro Jahr (in einem ganzen Jahr) einen Rabatt von 30% auf das Greenfee für 18 Löcher. Leider gilt der Rabatt nicht für 9 Löcher, die man natürlich auch Zeitgründen viel öfter spielt. Außerdem gibt es den 18 - Loch - Rabatt den ganzen Winter über jetzt auch für alle Gastspieler und ich glaube kaum, dass er für mich als Green Fee - Mitglied noch weiter rabattiert wird. Wie dem auch sei, selbst wenn der Vorteil nur darin besteht, dass man seinen Verbandsbeitrag entrichtet und damit eine offizielle Handicapführung sowie die Möglichkeit hat, EDS - Runden (Vorgabewirksame Privatrunden um das eigene Handicap auch außerhalb von Turnieren verbessern zu können) spielen, hat es sich schon gelohnt.

Während wir unsere Mitgliedsanträge ausfüllten, erhielten wir von Ronny unsere Zertifikate zur Platzreife und jeder von uns ließ sich stolz mit einem kleinen Applaus der Mitstreiter feiern. Es war ein wunderschöner Moment.

Danach wurden Visitenkarten ausgetauscht und die Mailingliste vervollständigt, damit wir uns auch künftig für die eine oder andere Runde verabreden konnten. Abschließend gingen mein Schwager und ich, zusammen mit zwei unserer Mitstreiter, in einem Vierer - Flight auf eine weitere Runde auf dem Family - Platz. Ursprünlich hatten wir vorgehabt, 9 Löcher auf dem großen Platz anzuschließen, den wir nun offiziell spielen durften, jedoch waren wir alle ziemlich erschöpft. Die Anspannung hatte doch ihren Tribut gezollt.

Die abschließende Runde auf dem Family - Platz fand in sehr lockerer Stimmung und mit deutlich weniger Adrenalin im Blut statt als die vorangegangene. Dafür spürte ich während der Runde plötzlich, was mir zuvor gar nicht so bewusst geworden war. Bei jedem Schlag verspürte ich zunehmend unangenehme Schmerzen am rechten unteren Rippenbogen. Am letzten Loch war ich - völlig unabhängig vom Ergebnis - froh, es hinter mir zu haben, denn mittlerweile schmerzte meine Seite bei jedem Atemzug.

Und für den nächsten Morgen waren mein Schwager und ich für unseren ersten Beginner - Cup angemeldet...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen