Samstag, 17. November 2012

Der zweite Beginner Cup

So, nach einer hektischen Zeit, in der ich weder die richtige Gelegenheit, noch die richtige Motivation hatte, hier weiter zu schreiben, hier mal wieder etwas aus meinem Golftagebuch:
 
Noch immer schreiben wir das Jahr 2012, noch immer ist Oktober. Der 20ste, um genau zu sein. Die gezwungener Maßen auf 6 Löcher gekürzte Runde des Vortages hatte Lust auf mehr gemacht, genauer, auf den zweiten Beginner Cup.
 
Diesmal war ich mit meinem Schwager in einem gemeinsamen Flight angemeldet. Er brachte noch einen Nachbarn mit, der auch schon seit längerem Golf spielt, jedoch nur äußerst selten und daher auch ein kompletter Anfänger war. Dieser war jedoch nicht unserem Flight zugeordnet, sondern dem nachfolgenden.
 
Das Einschlagen verlief einigermaßen katastrophal aber das war ich ja inzwischen schon gewöhnt. Ich lernte allmählich, dass ich immer einige Zeit brauche, bis ich auf Betriebstemperatur bin. Das zeigte sich auch darin, dass ich auf meinen bisherigen Runden in der zweiten Hälfte immer deutlich mehr Punkte geholt hatte als in der ersten.
 
Unserem Flight wurde noch ein dritter Spieler namens Axel zugeteilt, für den ich Zähler war. Er spielte schon etwas länger als wir und hatte auch das beste HC, wenn auch nicht überragend besser als das unsere. Auch diesmal verlief die Begrüßung sehr angenehm und es kam sofort eine lockere Atmosphäre auf. Das erste Mal durchatmen, offenbar wieder kein Stinker mit auf der Runde...
 
Axel hatte die Ehre am ersten Abschlag. Ich wurde innerlich ganz klein als er die "dicke Bertha" auspackte, den Driver. Der erste Schlag - und sein Ball hoppelte gut und gerne 30 Meter weit, davon allerdings nur 20 geradeaus, den Rest nach rechts. Mein Gefühl dabei war zwiespältig. Einerseits gönnt man dem Spielpartner grundsätzlich nur das Beste und wusste ich außerdem von meinem ersten Turnier genau, wie unangenehm, demütigend und insgesamt schlecht für das Selbstvertrauen es ist, wenn man ein Wettspiel so beginnt. Andererseits konnte ich ein gewisses Gefühl der Beruhigung nicht verleugnen, weil nun die Gefahr gebannt war, dass ich mich erneut als einziger am ersten Abschlag "blamieren" würde.
 
Als nächster war mein Schwager an der Reihe, der das Bällchen sehr solide, vielleicht 130 Meter weit und mit nur ganz leichter Abweichung nach rechts - in der Golfsprache heißt so etwas "Slize" schlug und zufrieden sein konnte. Nun war ich an der Reihe. Ich entschied mich - wenn ich mich heute noch richtig erinnere - erneut konservativ für mein Eisen 7. Zu meinem eigenen, größten Erstaunen, flog auch mein Ball vorwärts. Dazu noch schnurgerade. Er landete, nur wenige Meter kürzer als der meines Schwagers, mitten auf dem Fairway und damit in der deutlich besten Position zur Fahne von uns dreien. Ich schöpfte vorsichtig Hoffnung, die Runde könnte vielleicht doch erfolgreicher verlaufen als nach dem Durchgang vom Vortag zu erwarten gewesen wäre.
 
Der restliche Rundenverlauf ist mir inzwischen nur noch bruchstückhaft erinnerlich - vielleicht ein Zeichen dafür, dass ich inzwischen doch schon ein paar mehr Runden gespielt habe und mir daher nicht mehr jedes Detail einer jeden Runde merken kann?
 
Ich weiß noch, dass ich beim ersten Loch 2 Nettopunkte holte und ob dieser Tatsache ausgesprochen zufrieden war. Leider folgt auf den ersten 9 Löchern in Wall dann gleich mein persönliches Horrorloch. Dort wurde diesmal auch mein Spitzname geprägt. Nachdem ich meinen Schwager ja schon zuvor "Captain Hook" getauft hatte, in Anspielung auf seine vielen Schläge, bei denen der Ball einen Linksbogen, im Golferlatein ein sog. "Hook" beschrieb (na ja, der Bogen ging eigentlich nach rechts, der Ball landete nur weiter links, also, je nachdem, ob man den Innen- oder den Außenbogen einer Kurve beschreibt, war er rechts oder links, na ihr wisst schon, was ich meine...), führte Loch 2 des Fontaneplatzes an jenem Tag dazu, dass auch mein Schwager auf den Spitznahmen "Rough Boy", nach einem Titel von ZZ Top, verfiel, den mir mein Kollege schon viel früher verpasst hatte.
 
Loch 2 ist ein langes Par 5, vom Herrenabschlag 512 Meter, mit einem Dogleg (Kurve) von fast 90° nach rechts nach etwa 300 Metern. Ich weiß nicht warum, ich habe dieses Loch noch nie - und das schließt auch die beiden Runden ein, die ich nach dem hier beschriebenen Turnier bis zum heutigen Tage noch auf diesem Platz gespielt habe, auf dem Fairway zuende gespielt. Mit Mühe und Not komme ich mit dem Abschlag bis zum Beginn des Fairways, von dort aus geht es immer, wirklich IMMER, über zwei rechts gelegene Bunker ins tiefe Rough, das dort aus langem, liegenden Gras und ein paar frisch gepflanzten, jungen Bäumen besteht. So auch diesmal. Mit meinem zweiten Schlag landete ich am rechten Rand des Semi - Roughs, unmittelbar zwischen den beiden Bunkern. Von dort hätte ich nur noch etwa 110 Meter geradeaus spielen müssen und ich hätte perfekt im Kurvenscheitel des Dogleg gelegen. Stattdessen traf ich den gar nicht schlecht liegenden Ball wieder viel zu weit innen, dass heißt, zu nah am Körper, woraufhin er einen fröhlichen Slize beschrieb und mitten in besagtem Heavy Rough landete. Da das Gras inzwischen schon trocken, braun und relativ dünn war, war er wenigstens gut zu finden. Von dort startete ich meine erneute Reise durchs Rough. Es war wieder ein sehr guter aber natürlich auch mehrere miese Schläge dabei und letztlich punktete ich erwartungsgemäß nicht am 2. Loch.
 
Weil ich mich wieder mehr darüber ärgerte als gut für mich und vor allem für mein Spiel war, wurde es bei den folgenden Löchern eher noch schlimmer als besser und ich versemmelte einfach wieder zu viel Bälle. Wäre es mir gelungen, einfach meine Fehlerquote zu verringern, vielleicht mehr Konzentration für jeden einzelnen Schlag aufzubringen und stattdessen weniger darüber nachzudenken, ob mich meine Spielpartner wohl gerade wieder innerlich auslachten (würden sie nie tun, ist ja ein Gentlemen - Sport), hätte die Runde vielleicht wirklich ganz gut ausgesehen, denn inzwischen fiel mir immer öfter auf, dass diejenigen Schläge, bei denen ich keine ganz schweren Fehler einbaute, eigentlich sehr verlässlich und ansehnlich kamen. Natürlich fehlte mir nach wie vor viel Weite im Vergleich zu besseren Spielern. Die gute Schlägerkopfgeschwindigkeit ist mir scheinbar einfach nicht gegeben, weil ich sehr unbeweglich bin und meine Rotationsgeschwindigkeit dementsprechend langsam ist. Dennoch ist mein derzeitiges Ziel seit diesen Tagen, nicht mehr zu versuchen, meine besten Schläge weiter zu verbessern, weil ich verstanden zu haben glaube, dass das ohnehin von selbst passiert, sondern eher die Quote der schweren, "unforced Errors" zu verringern. Ich bin mir sicher, ich würde so bei erheblich mehr Bahnen punkten, denn  das was funktioniert, funktioniert tatsächlich schon ganz gut.
 
Allmählich wurde mein Spiel wieder besser. Ich sammelte ein paar Pünktchen und war durchaus hoffnungsvoll, mein Ergebnis vom ersten Beginner Cup verbessern zu können. Mein persönliches Highlight des Tages war der Abschlag an Loch 7. Das ist das, was über den großen Teich geht. Ich überlegte kurz, ob ich es mit einem längeren Eisen oder sogar einem Fairwayholz versuchen wollte, um eine etwas größere Chance zu haben, die 60 oder 70 Meter über den Teich zu schaffen, wenn es überhaupt so viel ist. Letztlich siegte auch hier zum Glück die Vernunft und ich entschied ich mich erneut für den Schläger, mit dem ich derzeit noch die größte Chance auf einen vernünftigen Golfschlag habe - mein Eisen 7. Ich visierte den rechten Rand des Fairways an, dort, wo die Distanz über den Teich etwas kürzer ist als in der Mitte, weil er dort bereits schmaler wird.
 
Axel hatte zuvor zwei Bälle hintereinander in den Teich geschlagen und das Loch streichen lassen. Mein Schwager hatte den ersten Ball so extrem weit innen getroffen, dass er fast rechtwinklig nach rechts abzischte, einen Baum am rechten Bahnrand traf und vor dort auf die neben dem Platz verlaufenden Bahngleise sprang. Sein zweiter  Abschlag (rechnerisch sein dritter Schlag an diesem Loch, wegen des Strafschlages, den er sich durch den Verlust des ersten Balles zugezogen hatte) ging souverän über den Teich und landete etwas linksseitig auf dem Fairway.
 
Nun war ich also als Dritter an der Reihe und war vielleicht auch deshalb wieder etwas lockerer, weil meine beiden Partner sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatten. Es gelang mir hier recht gut, mich auf die elementaren Dinge zu konzentrieren. Ich schwang locker durch den Ball, ohne Kraft und mit gerade so viel Geschwindigkeit, wie es meine relativ schlechte Beweglichkeit kontrolliert zuließ, um den Schläger nicht noch irgendwie durch eine zu weit überdrehte Rotation des Körpers zu verreißen. Zur Belohnung erfolgte das Geräusch, nach dem jeder Golfer sich nach jedem Schlag sehnt und das allein schon ausreichte, mir ein halbdebiles, glückliches Grinsen aufs Gesicht zu nageln. Der Ball hob sich in der vielleicht besten Flugkurve, die ich bei einem Schlag bislang zustande gebracht hatte. Er flog souverän über den Teich und landete, vielleicht 20 oder 25 Meter dahinter, mittig auf dem Fairway. So war ich der einzige von uns Dreien, der mit dem ersten Schlag über das Wasser gekommen war und lag anschließend auch noch am besten. Was für ein Triumphgefühl. Nicht, weil ich es besser gemacht hatte als meine Partner, sondern weil ich meine Unsicherheit und Nervosität besiegt hatte und mir dadurch ein Schlag gelungen war, der genau so war, wie ich ihn mir gewünscht und vorgestellt hatte.
 
Was soll ich sagen? Ich spielte weiter mies. Zu meinem eigenen Entsetzen erspielte ich durch ein völliges Versagen am letzten, einfachen Par 3 auf Bahn 9 nur dieselben, läppischen 11 Nettopunkte, wie bei meinem ersten Beginner Cup. Nur, dass ich mich diesmal nicht auf eine Verletzung herausreden konnte. Im ersten Moment war ich versucht, mein schönes neues Bag, den dazugehörigen Trolley und meinen Schlägersatz einfach stehen zu lassen oder auf der Terasse des Clubhauses zu verschenken. Mein Schwager hatte natürlich wieder toll gespielt und sich diesmal gleich um 5 HC - Punkte verbessert. Während es mir also erneut nicht einmal annähernd gelungen war, mein Anfänger HC von -54 auch nur zu bestätigen, war er nunmehr schon bei - 48. Beneidenswert. Leider auch hochverdient, wie ich neidlos anerkennen musste. Es vertiefte dennoch den Schmerz über das eigene Versagen. Noch mehr nervte mich, dass sein Nachbar, der im Flight hinter uns gestartet war, jedoch um einiges später auf der Terasse ankam, noch schlechter als ich gespielt und den insgesamt letzten Platz des Turniers belegt hatte, wie ich am nächsten Tag in der Ergebnisliste feststellte, dabei aber trotzdem noch ekelhaft gut drauf war...
 
In den folgenden Stunden passierte das "Golfwunder" erneut. Ich freute mich daran, dass ich diesmal den Punkten an vielen Löchern viel näher gewesen war als bei meinen Runden zuvor, was eben durchaus einen spürbaren Fortschritt bedeutete und in Aussicht stellte, bei nur etwas geringerer Fehlerquote, bereits etliche Punkte mehr einheimsen zu können, und vor allem natürlich über meinen grandiosen Abschlag am 7. Loch. Alles andere, Frust, Demütigung, Schande, die ich phasenweise empfunden hatte, verloren ob dieser Erkenntnisse und Erfolge völlig an Bedeutung und ich freute mich, noch ehe wir zuhause ankamen, schon wieder mächtig auf die nächste Runde.
 
Golf ist erstaunlich.
 

2 Kommentare:

  1. Hallo lieber Golfblogger,

    da ich zu diesem Sport nach wie vor nicht so viel beitragen kann, außer der Erkenntnis, dass ich früher beim Minigolf auch immer Hass- und Lieblingsbahnen hatte, möchte ich aber eine Frage zu einem nicht golfspezifischen Detail des letzten Textes stellen. Könnte es sein, dass das Lied "Rough boy" von ZZ Top und nicht von AC/DC gemeint ist? Ich kann nicht ausschließen, dass es so ein Lied auch von AC/DC gibt, kenne es dann aber leider nicht.

    Weiter viel Spaß beim Golfen und Schreiben
    ccjay

    AntwortenLöschen
  2. Hi,
    da hast du natürlich vollkommen Recht, wie kam ich denn auf AC/ DC? Da sind wohl irgendwo ein paar Neuronen auf dem Weg zum entsprechenden Speicherplatz meines Resthirns falsch abgebogen... Danke für die Korrektur. :-)
    Gruß
    Stefan

    AntwortenLöschen